Grenzenloser Kunstraum

Flensburger Str. 5, 10557

Als ich das erste Mal an der roten, gewölbten S-Bahn-Haltestelle Bellevue vorbeikam, fiel mir sofort ein Raum auf, der Freude an der Kunst ausstrahlt. Im Fenster liegen mehrere Karnevalsmasken wie schlafende Wächter. Daneben stehen Schaufensterpuppen in Kostümen und mit besonderen Hüten, als wollten sie die Passant:innen in eine Welt der Fantasie locken. An den Wänden hängen Gemälde verschiedener Stilrichtungen - von den weichen, zarten Flächen chinesischer Tuschemalerei bis zu den leuchtenden Farben westlicher Acrylgemälde - die ineinander übergehen und eine eigene Bildsprache schaffen. Selbst die Taschen, die an den Stühlen hängen, sind mit chinesischen Schriftzeichen bedruckt. Dieser scheinbar disparate Stilmix harmoniert perfekt und verleiht dem gesamten Raum eine unwiderstehliche Anziehungskraft, die meine Neugier sofort weckte.

Staunend näherte ich mich der Flensburger Straße 5, einem denkmalgeschützten  Gebäude. Dort angekommen, empfing mich, in der dreieckigen Ecke ganz links, das  Atelier der Hobbymalerin Ingeborg. Ihr Atelier ist, wie die Künstlerin selbst, fröhlich,  freundlich, großzügig und in jeder Hinsicht einladend. 

"Ich bin zwischen den 1960er und 1980er Jahren aufgewachsen, einer goldenen Zeit  des Wohlstands, der Freiheit, der Farben und des Lebens", befindet Ingeborg.  Dank ihrer avantgardistischen Lebenseinstellung entschied sie sich früh gegen  Heirat und Kinder. Vor vierzig Jahren zog sie nach Berlin, auf der Suche nach einem  für sie neuen Leben. "Berlin war damals voller Energie, voller junger Menschen.  Viele waren vor diktatorischen Regimen geflohen und hatten sich hier  niedergelassen. Überall, wo man hinkam, gab es etwas Neues, Interessantes und  viele Möglichkeiten.“ Nach einigen Kursen an der Berliner Universität der Künste (UdK) begann ihre  künstlerische Reise - zunächst mit Acrylfarben, später mit traditioneller chinesischer  Tuschemalerei.

"Die Tuschemalerei fasziniert mich, weil sie zwar einfach aussieht, aber eine tiefe  Bedeutung hat. Man braucht nur ein Blatt Papier, einen Pinsel, eine Schüssel  Wasser und ein Fläschchen Tinte. Aber sobald der Pinsel das Papier berührt, ist es  vorbei, nichts kann verändert oder überdeckt werden, und selbst die leeren Stellen in  der Kunst sind nicht einfach nur leere Stellen. Diese Philosophie deckt sich zutiefst  mit meiner eigenen Lebensauffassung", erklärt Ingeborg. Während ihrer Arbeit als  Apothekerin hat ihre Leidenschaft für die Kunst nie nachgelassen, und es war diese  Begeisterung, die zur Gründung ihres Ateliers führte. 

In Ingeborgs Kunst spiegelt sich eine pure Lebensfreude und optimistische Aufbruchstimmung wider, wie sie auch in den 1950er Jahren des Wirtschaftsaufschwungs fühlbar war. In diesem Raum voller Fantasie und Kreativität lässt sie Freiheit, Toleranz und Innovation in ihre Arbeit einfließen, Eigenschaften, die eine ständige Quelle der Inspiration für ihre Kunst und ihr Leben sind.

IIngeborgs Atelier ist ihr Ort des künstlerischen Schaffens, ein Hort der Inspiration  und ein Ort, an dem sie ihre Philosophie in die Tat umsetzt. Ob bei einem kurzen  Blick durchs Fenster oder bei einem persönlichen Besuch im Atelier, man spürt die  reiche Atmosphäre des Ateliers und die Kreativität, der hinter jedem Strich, in jedem  Werk steckt.  

Östliche und westliche Kunst fließen ineinander und schaffen eine Mischung, die  zugleich vertraut und erfrischend neu ist.  Ingeborg lädt Sie herzlich ein, ihre künstlerische Welt bei einem Besuch  kennenzulernen. Vielleicht haben Sie sie bereits zufällig getroffen? Oder Sie können,  wie ich, eine Nachricht hinterlassen, in der Sie den Wunsch äußern, ihr Atelier zu  besuchen.