Siegmunds Hof liegt gegenüber dem S-Bahnhof Tiergarten. Geht man die Straße in Richtung Spree entlang, stößt man auf ein eindrückliches öffentliches Kunstwerk. Die Skulptur „Erinnerung“ wurde 1986 von Bildhauer Georg Seibert geschaffen und erinnert an die einst blühende jüdische Gemeinde Adass Jisroel, die hier ihren Sitz hatte. Heute sind beinahe alle Spuren dieser lebendigen jüdischen Gemeinde verschwunden, so dass dieses Denkmal zu einem wichtigen Zeugnis ihrer einstigen Existenz geworden ist.
Siegmunds Hof 11 war einst Sitz der Synagoge und anderer wichtiger Gemeindeeinrichtungen und bildete das Zentrum des jüdischen Lebens in diesem Stadtteil.
Im Jahr 1924 erwarb und renovierte die Gemeinde Adass Jisroel dort ein Künstleratelier, in der Folgezeit wurden dort eine Grundschule, eine Mädchenschule (Lyzeum), das Adass Jisroel Gymnasium (Schulwerk), eine zweite Synagoge sowie weitere Gemeindeeinrichtungen errichtet. Die Gemeindemitglieder nahmen aktiv am kulturellen und religiösen Leben teil und hielten sich streng an die Bräuche des orthodoxen Judentums.
Das blühende Gemeindeleben fand jedoch im Zweiten Weltkrieg ein jähes Ende und nach dem Krieg wurde mit dem Wiederaufbau des Hansaviertels mittels modernistischer Architektur jegliche physische Spur der jüdischen Gemeinde aus der Gegend getilgt.
Am 9. September 1985 fand aus Anlass des 100. Jahrestags der Anerkennung Adass Jisroels durch den preußischen Staat eine Gedenkfeier statt. An der Zeremonie nahmen der damalige Bezirksbürgermeister von Tiergarten, Hans-Martin Quell, sowie weitere prominente Mitglieder der Gemeinschaft teil. Am 25. Juni 1986 erfolgte die Enthüllung des Denkmals „Erinnerung“ in einer Zeremonie, an der nationale und internationale Würdenträger, Gemeindemitglieder und Freund:innen teilnahmen. Die Skulptur erinnert nicht nur an die von den Nazis ermordeten Gemeindemitglieder, sondern auch an das kulturelle Erbe, das während des Krieges und im Zuge des folgenden, oftmals geschichtsvergessenen Wiederaufbaus ausgelöscht wurde.
Das moderne Design des Denkmal ist von der Menora inspiriert, einem der ältesten Symbole der jüdischen Geschichte. Die Menora steht für das heilige Feuer des jüdischen Glaubens und symbolisiert Hoffnung und Widerstandskraft in Zeiten von Konflikten ,sowie die dauerhafte Stärke und das Licht der jüdischen Kultur. „Erinnerung“ symbolisiert den unerschütterlichen Glauben an eine bessere Zukunft der jüdischen Gemeinde, selbst nach dem Ertragen großer Not.
Das Denkmal befindet sich an einer ruhigen Stelle am Flussufer im Hansaviertel. Beim Betrachten des Denkmals assoziiere ich Elemente eines Schiffes und eines Hauses in das Design, Gefühle von Hoffnung und Standhaftigkeit in finsteren Zeiten kommen in mir auf. Das vorbeifließende Wasser spült die Wunden der Vergangenheit heran und lindert zugleich den Schmerz, denn es wird immer da sein und uns begleiten.
*In der Nähe des genannten Denkmals befindet sich eine Gedenktafel. Am Vorabend von Rosch Haschana 5759 (17. September 1998) wurde eine Gedenktafel mit deutscher, hebräischer und englischer Inschrift durch den damaligen Bezirksbürgermeister Jörn Jensen und Ari Abraham Offenberg, Vorsitzender der Gemeinde Adass Jisroel, enthüllt. Die Tafel neben dem Denkmal dient der Erinnerung an die Gemeindemitglieder, an die Lehrer:innen und Schüler:innen der Gemeinde, die Opfer des Nationalsozialismus wurden.